Kreditsituation der FBB 86-115-2019-07

Aus BER Wiki Dokumente
Version vom 19. Juli 2019, 17:45 Uhr von Msprissler (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Wortlaut

Kreditsituation der FBB
Kleine Anfrage 4614
im Landtag
von C.Schulze
Datum: 01. Januar 2019
Antwort C.Görke

Kreditsituation der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB)

Aus dem Tätigkeitsbericht des Sonderausschusses BER der 6. Wahlperiode kann abgelesen werden, wie sich die finanzielle Situation der FBB für die Jahre 2014 bis 2018 dargestellt hat (Seite 42 Tätigkeitsbericht des Sonderausschusses BER der 6. Wahlperiode):

in Mio. Euro 2014 2015 2016 2017 2018
Passagiere insgesamt (Mio.) 28,0 29,5 32,9 33,3 34,7
Flughafen Tegel 20,7 21,0 21,25 20,5 22,0
Flughafen Schönefeld 7,3 8,5 11,65 12,9 12,7
Umsatzerlöse 289 326 372 392 414,6
EBITDA145 56 85,2 109 102 118,7
Konzernergebnis -171 -137 -101 -84 -71,5

In den Jahren 2014 bis 2018 hat die FBB nur Verluste gemacht. In der Summe allein über die Jahre 2014 bis 2018 sind Verluste in Höhe von 564,5 Mio. € zusammengekommen. Laut Konzernbilanz des Geschäftsjahres 2017 hatten sich im Jahr 2017 die Verluste der Vorjahre auf 831 Mio. € (fast 1 Mrd.) aufsummiert, da diese Verluste nie abgebaut wurden. Diese Verluste und die angehäuften Kredite für den Bau des Flughafens BER müssen von der FBB zukünftig verzinst und getilgt werden, wenn nicht wieder auf Steuergelder der Bürgerinnen und Bürger zurückgegriffen werden soll.

Bei der Beantwortung der Fragen wird deshalb vom Fragesteller explizit auf das unmittelbar geltende Recht, durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts LINK: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/11/es20171107_2bve000211.html hingewiesen.

In der Zwischenzeit gibt es ein Bundesverfassungsgerichtsurteil zur Auskunftspflicht von Regierungen zu Staatsunternehmen gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit in Bezug auf die Verwendung von Steuergeldern (Bundesverfassungsgericht: Leitsätze zum Urteil des Zweiten Senats vom 7. November 2017 - 2 BvE 2/11 -). Die Leitsätze in diesem Urteil lauten wie folgt:

  1. Der parlamentarische Informationsanspruch aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG ist auf Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Bei Vorliegen berechtigter Geheimhaltungsinteressen kann die Beantwortung parlamentarischer Anfragen unter Anwendung der Geheimschutzordnung geeignet sein, einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Fragerecht der Abgeordneten und konfligierenden Rechtsgütern zu schaffen.
  2. Das verfassungsrechtlich garantierte parlamentarische Frage- und Informationsrecht unterliegt Grenzen, die, auch soweit sie einfachgesetzlich geregelt sind, ihren Grund im Verfassungsrecht haben müssen. Vertraglich vereinbarte oder einfachgesetzliche Verschwiegenheitsregelungen sind für sich nicht geeignet, das Frage und Informationsrecht zu beschränken.
  3. Der Informationsanspruch des Parlaments kann sich als Ausdruck der aus dem Demokratieprinzip folgenden Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament nur auf Angelegenheiten beziehen, die in den Verantwortungsbereich der Regierung fallen. Die Verantwortlichkeit der Regierung im Kontext demokratischer Legitimation erstreckt sich auf alle Tätigkeiten von mehrheitlich oder vollständig in der Hand des Bundes befindlichen Unternehmen in Privatrechtsform. Dabei ist die Verantwortlichkeit der Regierung nicht auf die ihr gesetzlich eingeräumten Einwirkungs- und Kontrollrechte beschränkt.
  4. Der Verantwortungsbereich der Bundesregierung für die Deutsche Bahn AG bezieht sich auf die Ausübung der Beteiligungsverwaltung sowie auf die Regulierungstätigkeit der Bundesbehörden und die sachgerechte Erfüllung des Gewährleistungsauftrages aus Art. 87e Abs. 4 GG. Darüber hinaus liegt auch die unternehmerische Tätigkeit der Deutschen Bahn AG im Verantwortungsbereich der Bundesregierung. Der Verantwortungszusammenhang wird nicht durch Art. 87e GG aufgehoben.
  5. Die Bundesregierung ist nicht berechtigt, die Antwort auf parlamentarische Anfragen im Einzelfall unter Verweis auf die Betroffenheit der Grundrechte der Deutschen Bahn AG zu verweigern. Als vom Staat vollständig beherrschte juristische Person dient sie nicht der Ausübung individueller Freiheit Einzelner und kann sich nicht auf Grundrechte berufen. Auch räumt Art. 87e GG der Deutschen Bahn AG keinen abwehrrechtlichen Status gegenüber (gemeinwohlorientierten) Einwirkungen des Staates auf ihre Unternehmensführung ein.
  6. Eine Grenze des Informationsanspruchs des Bundestages bildet das Wohl des Bundes oder eines Landes (Staatswohl), das durch das Bekanntwerden geheimhaltungsbedürftiger Informationen gefährdet werden kann. a. Das fiskalische Interesse des Staates am Schutz vertraulicher Informationen seiner (Beteiligungs-) Unternehmen stellt einen verfassungsrechtlichen Staatswohlbelang dar.
  7. Das verfassungsmäßige Frage- und Informationsrecht des Bundestages und die damit verbundene Auskunftspflicht der Bundesregierung stellen eine hinreichende Grundlage für einen in der Auskunftserteilung liegenden Grundrechtseingriff dar. Einer weitergehenden gesetzlichen Regelung bedarf es insoweit nicht.
  8. Das parlamentarische Informationsrecht steht unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit. Es sind alle Informationen mitzuteilen, über die die Bundesregierung verfügt oder die sie mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung bringen kann. Sie muss alle ihr zu Gebote stehenden Möglichkeiten der Informationsbeschaffung ausschöpfen.
  9. Aus der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, folgt, dass sie die Gründe darlegen muss, aus denen sie die erbetenen Auskünfte verweigert. Einer besonderen Begründungspflicht unterliegt die Bundesregierung, soweit sie ihre Antwort nicht in einer zur Veröffentlichung in einer Bundestagsdrucksache bestimmten Weise erteilt, sondern dem Deutschen Bundestag eingestuft in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Verfügung stellt

Das Bundesverfassungsgerichtsurteil „Leitsätze zum Urteil des Zweiten Senats vom 7. November 2017 - 2 BvE 2/11“ gilt synonym auch für die Landesregierung, weil es eine Entscheidung zur Klarstellung der Rechtsordnung des Grundgesetzes ist, dem auch Brandenburg unterliegt.

Damit werden Ausflüchte wie, „der Landesregierung sind die Zahlen nicht bekannt“ usw. hinfällig. Das Land Brandenburg ist Gesellschafter und hat alle Möglichkeiten, sich detaillierte Informationen zu beschaffen. Die Landesregierung ist gegenüber den Abgeordneten nach Artikel 56 Abs. 3 der Landesverfassung verpflichtet, vollumfänglich zu informieren, sofern es nicht um interne Willensbildung der Landesregierung geht. Das kann beim vorliegenden Sachverhalt nicht der Fall sein.

Die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) als 100 prozentig öffentliche Gesellschaft ist verpflichtet, detailliert und vollumfänglich Auskunft zu geben. Aussagen wie in der Kleinen Anfrage 6/2259 zu Fragen 4 und Frage 5 „ein niedriger dreistelliger Millionenbetrag gebunden“ ist schlicht inakzeptabel und macht den Eindruck der Vertuschung.

Die FBB hat die Zahlen vorzulegen und die Öffentlichkeit zu informieren, weil es eben gerade keine „private Gesellschaft“, sondern ein „Staatsunternehmen“ ist und damit weitergehender Kontrolle als Privatfirmen unterliegt.

Sollte die Landesregierung die konkrete und dezidierte Beantwortung der Fragen mit dem Verweis auf den Schutz vertraulicher Information „seines Beteiligungs-Unternehmen“ (siehe Ziffer 6a der Leitsätze) ablehnen, müsste die Landesregierung umfassend begründen, worin die Interessen des Landes Brandenburg liegen, dass diese Informationen zur Verwendung von Steuergeldern nicht bekannt werden dürfen. Da allerseits öffentlich bekannt ist, wieviel das Land Brandenburg und die anderen Gesellschafter in die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) an Geldern gepumpt haben, dürfte das wohl schwerfallen, zumal keine Auskünfte begehrt werden, die einen Einzelfall betreffen, sondern es werden Auskünfte zu Fallgruppen und Gesamtsummen begehrt.

Fragen

  1. Wie hoch ist die Summe der aufgelaufenen Verluste der FBB aus allen Vorjahren (seit Gründung der FBB) bis zum heutigen Tag?
  2. Wie hoch sind die Kredite, die die FBB für den BER Flughafenneubau aufnehmen musste und aktuell in den Bilanzen hat? Sind Teile dieser Kredite bereits getilgt? Wenn nein, wie hoch sind die Restschulden und vereinbarten Höhen der Zinsen, die Restlaufzeiten und wie sind die Rückzahlungsmodalitäten dieser Kredite?
  3. Wie hoch sind die Kredite der FBB bei Geschäftsbanken (ohne Angabe der konkreten Bank)? Sind diese Kredite bereits ganz oder teilweise getilgt? Wenn nein, wie hoch sind die Restschulden und vereinbarten Höhen der Zinsen, die Restlaufzeiten und wie sind die Rückzahlungsmodalitäten dieser Kredite?
  4. Wie hoch sind die Kredite der FBB beim Land Brandenburg und sind diese Kredite bereits getilgt? Wenn nein, wie hoch sind die Restschulden und vereinbarten Höhen der Zinsen, die Restlaufzeiten und wie sind die Rückzahlungsmodalitäten dieser Kredite?
  5. Wie hoch sind die Kredite der FBB bei den anderen Gesellschaftern und sind diese Kredite bereits getilgt? Wenn nein, wie hoch sind die Restschulden und vereinbarten Höhen der Zinsen, die Restlaufzeiten und wie sind die Rückzahlungsmodalitäten dieser Kredite?
  6. Gibt es weitere Kredite, welche die FBB aufgenommen hat? Wenn ja, wie hoch sind die Restschulden und vereinbarten Höhen der Zinsen, die Restlaufzeiten und wie sind die Rückzahlungsmodalitäten dieser Kredite?


Antworten

Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1:

Die Jahresergebnisse der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) werden jährlich vorgetragen; das Ergebnis ist in dem Konzernbilanzergebnis abzulesen. Der - von der Gesellschafterversammlung noch nicht behandelte - Konzernabschluss zum 31.12.2018 weist ein Konzernbilanzergebnis von ./. € 992,1 Mio. aus. Das Eigenkapital - als bilanzielle Kennziffer für den Unternehmenswert - ist dort mit rd. € 1,191 Mrd. ausgewiesen.

Zu Frage 2 und 3:

Die FBB hatte bei Kreditinstituten Kreditverträge über ursprünglich insgesamt € 3.754 Mio. abgeschlossen. Zum 31.12.2018 weist die Bilanz Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten in Höhe von € 2.460 Mio. aus; die Differenz bildet die bereits erfolgte Kredittilgung ab. Die Restlaufzeiten der Kredite reichen bis 2020, 2026, 2034 und 2035. Die Rückzahlungen erfolgen quartalsweise und endfällig. Die Höhe der Zinsen bilden Geschäftsgeheimnisse der Kreditinstitute und der FBB. Für die FBB bilden die Kreditkonditionen Kalkulationsgrundlagen, deren Bekanntwerden die Verhandlungsposition der Gesellschaft gegenüber ihren Geschäftspartnern beeinträchtigen und zu Vermögensschäden der Gesellschaft führen würde. Die daraus drohende Schädigung des Wertes des Geschäftsanteils des Landes an der FBB berührt fiskalische Staatswohlbelange, die auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Grundlage für eine Versagung von Informationen sein können. Im Hinblick auf die Veröffentlichung der Antwort der Landesregierung als Landtagsdrucksache sieht die Landesregierung daher insoweit an dieser Stelle von Angaben ab.

Zu Frage 4:

Die FBB hat mit dem Land Brandenburg einen Kreditvertrag über € 409,59 Mio. abgeschlossen. Bis zum 31.12.2018 hat die FBB davon rd. € 360 Mio. in Anspruch genommen. Tilgungen sind vertragsgemäß bisher nicht geleistet worden. Der Kredit hat eine Laufzeit bis 2035. Die Rückzahlung ist durch jährliche Tilgungen grundsätzlich ab 2026 vorgesehen, welche auch die bis dahin gestundeten Zinsen umfassen. Für Angaben zur Höhe der Zinsen gelten die Ausführungen in der Antwort zu den Fragen 2 und 3 entsprechend.

Zu Frage 5:

Die FBB hat mit dem Land Berlin und der Bundesrepublik Deutschland Kreditverträge über insgesamt rd. € 697 Mio. abgeschlossen. In Bezug auf Tilgungen, Laufzeit, Rückzahlungskonditionen und Zinsen gelten die Ausführungen in der Antwort zu Frage 4 entsprechend.

Zu Frage 6:

Ja, die FBB verfügt über Aval-und Betriebsmittelkreditlinien über insgesamt € 40 Mio. Davon wurde per 31.12.2018 rd. 1 Mio. EUR für Avale genutzt.

Originaldokumente

Drucksache 6/11690 Antwort

Drucksache 6/11504 Anfrage

ähnliche Seiten

- keine

Cookies helfen uns bei der Bereitstellung von BER Wiki Dokumente. Durch die Nutzung von BER Wiki Dokumente erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies speichern.